Die Rettung des Schornsteins

Die Baumaßnahme im Jahr 2022

Der etwa 1875 erbaute Schornstein der 1838 gegründeten Zementfabrik in Henneckenrode ist in Schieflage geraten. Ein erster kleiner Riss zwischen Schornstein und Ziegelanbau entstand kurz nach der ersten Sanierungsmaßnahme im Jahr 2011. Damals wurden die Mauersteine auf Empfehlung des Ingenieurbüros bow Braunschweig neu verfugt, um eine optimale Lastenverteilung sicherzustellen. Die Maßnahme wurde von Dr. Kellmann, NLD, fachlich betreut und hochprozentig mit Landes- und EU-Mitteln gefördert. Ebenso förderte die BINGO-Umweltstiftung Niedersachsen sowie die Sparkasse das Projekt mit jeweils 5.000 €.

Seitdem verschlechterte sich die Situation der Schiefstellung in unregelmäßigen Abständen merklich. Mit selbst angebrachten Loten versuchten wir, den Zustand zu überwachen. Auf dem Foto ist die Verschlechterung innerhalb weniger Monate gut sichtbar. Der Schornstein neigt sich in Richtung Nord-West. Mittlerweile berührt das Lot selbst bereits die Wand. Auch wenn die Standsicherheit im Moment noch gegeben ist, ist unklar, wie lange dies noch der Fall sein wird. Je eher eine Stabilisierung erfolgen kann, desto besser, denn die Neigung ist auch aus der Entfernung schon mit bloßem Auge erkennbar.

Um die Ursachen für die Schiefstellung abzuklären, gab die Besitzerin am 23.06.2020 eine Baugrunderkundung einschließlich Baugrundbeurteilung und gründungstechnischer Beratung bei dem Ingenieursbüro Dr.-Ing. Meihorst und Partner, Hannover, in Auftrag.

Am 02. und 03.11.2020 wurden an den vier Ecken des Fundaments Bohrungen bis 8 m Tiefe durchgeführt und das Bodenmaterial danach im Labor ausgewertet. Ausweislich des geotechnischen Berichts von Dr.-Ing. Heinemann vom 08.02.2021 sind für die Bauteilbewegungen der Baugrund unter dem Fundament aus stark organischem Auelehm, zum Teil mit torfigen Schichten und Holzeinlagerungen, ursächlich. Dieser neigt zu Setzungen infolge von Abbauprozessen der Organik sowie aufgrund des offenbar gegenüber früherer Zeit veränderten Wasserhaushalts (gesunkener Grundwasserspiegel), der zu zusätzlichen lastbedingten Setzungen führt.

Um dem entgegenzuwirken, muss nun der nicht tragfähige Boden unter dem Fundament durch eine Sand-Zement-Suspension ersetzt werden. Dies soll auf Anraten des Ingenieurbüros mittels Hochdruckinjektionsverfahren geschehen; Alternativen wurden diskutiert und abgewogen. Dies hat das den Antragsteller beratende Ingenieurbüro in seiner „Ergänzung des geotechnischen Berichts“ vom 06.08.2021 maßgeblich aufgrund der zu erwartenden zusätzlichen Setzungen verworfen.

Am 11.06.2021 fand die erste Vor-Ort-Besichtigung durch die untere Denkmalschutzbehörde des Landkreises Hildesheim statt. Herr Korten hat sich ausgiebig mit dem Vorhaben beschäftigt und unterstützte den Antragsteller seitdem als fachkundiger Berater tatkräftig. Jeder Schritt wurde bisher mit dem Denkmalschutz abgesprochen. Herr Dr. Rüsch vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege wurde am 26.06.2021 per Mail über die geplante Maßnahme informiert und stand uns telefonisch am 28.06.2021 für einen telefonischen Beratungstermin zur Verfügung. Er befürwortete die Maßnahme in der internen Stellungnahme.

Der Landkreis Hildesheim erteilte am 30.08.2021 die denkmalrechtliche Genehmigung, und bewertete die Maßnahme am 13.09.21 fachlich. Die Baugenehmigung folgte am 22.06.2022.

Das Ingenieurbüro Dr.-Ing. Meihorst und Partner sieht die zukünftige äußere Standsicherheit des Schornsteins, wenn die genannten Verfahrensschritte eingehalten werden, als gewährleistet an.

Für den Maschineneinsatz der Gründungsertüchtigung kommen in diesem Verfahren aufgrund der Bebauung um den Schornstein nur sehr kleine, sogenannte Keller-Bohrgeräte infrage. Die Firma Furch GmbH aus Berlin war die einzige, deren Geräte mit einer Breite von 75 cm so klein sind, dass man auch in den denkmalgeschützten Bereichen der ehemaligen Zementfabrik arbeiten kann, ohne die Eingänge temporär vergrößern zu müssen. Hier ist ein besonders vorsichtiges Vorgehen nötig, das durch die Erfahrungen sowie die kleinen Baumaschinen gewährleistet erscheint.

Der genaue Ausführungsplan ist vom ausführenden Unternehmen Furch aus Berlin mit dem Ingenieurbüro Dr.-Ing. Meihorst und Partner sowie mit der Denkmalpflege abzustimmen. Die Entscheidung für das Bauunternehmen fiel maßgeblich aufgrund der Erfahrungen der Firma mit denkmalgeschützten Gebäuden sowie aufgrund des Preis-Leistungs-Verhältnisses.

Als begleitendes Ingenieurbüro für Grundbau und Tragwerksplanung fiel die Wahl des Antragsstellers auf die Firma IGT aus Berlin. Nicht nur aus Gründen der Wirtschaftlichkeit, sondern auch aufgrund der Erfahrungen im Spezialtiefbau erschien uns dies als eines der versiertesten Büros im Nord-Westdeutschland für die Begleitung von Hochdruckinjektionsverfahren.

Im Frühsommer 2022 hat sich die Lage aufgrund des extrem trockenen Frühjahrs merklich verschlechtert. Der Riss ist eindeutig zu erkennen:

Der Verein als Eigentümer musste das Dach des angrenzenden Gebäudes sichern, damit keine Gefahr bei den Sanierungsarbeiten entsteht.

Inzwischen Ende Juli 2022 hat sich die Schieflage so verschlechtert, dass die Steine zum teil keinen Kontakt mehr haben:

Es besteht dringender Handlungsbedarf! Allerdings muss auch auf die Storchenpopulation Rücksicht genommen werden.

Als Termin für die Durchführung der Maßnahme ist der 22.08.2022 avisiert, da die Baumaßnahme aufgrund der Vibration und Lärmbelästigung nicht durchgeführt werden sollte, solange der Storch in Henneckenrode anwesend ist. Geplant sind etwa acht Tage, in denen jeweils zwei der insgesamt 16 Injektionen je Tag eingebracht werden. Alle vorbereitenden Tätigkeiten wie etwa Baumfällarbeiten, Sicherung des Altbestands im Gebäude, Dacharbeiten, Bereitstellung des Wassers, werden Vereinsmitglieder übernehmen Die gesamte Maßnahme sollte am 22.12.2022 abgeschlossen sein.

Dokumentiert werden die Arbeiten mittels Informationsmaterial an der Zementfabrik und hier auf Internetseite des Vereins, sowie auf Flyern, die am Schornstein spätestens im Jahre 2023 nach Rückkehr der Störche ausliegen werden.

 
Die Baumaßnahme im Jahr 2022 wurde gefördert von: